
Ich?
Christina Assmann
1965 geboren in Lüdenscheid/ Deutschland
1987 Studium der Malerei, Akademie der Bildenden Künste, München
Studium der Lithografie, Ecole des Beaux-Arts, Paris
Studium der Malerei, Kunstakademie Düsseldorf
1992 Meisterschülerin von Prof. Alfonso Hüppi
1992 New York-Stipendium der Ernst-Poensgen-Stiftung
Über Christina Assmann
Ein Künstler kann sich selbst ausdrücken: (Woher kommt dieses Selbst?)
Ein Künstler kann die Welt wiedergeben: (Woher kennt er die Welt?)
Ein Künstler kann Kunst über Kunst machen: (Warum Verdautes essen, wenn es Frisches gibt?)
Christina Assmann sammelt, ordnet, untersucht, zerlegt, fügt wieder zusammen, mischt und löst auf. Sie deklariert Kerzen zu Wachs zu Köpfen und retour. Setzt Bilder in Gebäude in Bilder. Stülpt das Ganze um. spielt unangestrengt und heiter. Was nicht heißt, daß sie sich nicht anstrengte.
Auf diese Weise, musikalisch ohne Klavierdrill, entstehen Objekte, Geräte, Waffen, Werke: ein Repertoire, das sich wuchernd entwickelt, überkreuzt, vernetzt wie Quecken - oder Kleewurzeln, die Ganglien des Ge- hirns. Nicht subordiniert, sondern koordiniert, funktionierend statt folgerichtig. Denn diese Arbei- ten verkehren miteinander sozusagen telepathisch, vielleicht wie die Puppen, Bären und Zinnsoldaten im Spielzeugladen um Mitternacht vor Heiligabend.
Christina Assmann klaubt Gegenstände aus der Umwelt und stellt oder hängt sie neu zusammengesetzt wiederin sie zurück. Dort verursachen sie Wahrnehmungsirritationen, durch die sich Löcher in der Alltagswirklichkeit eröffnen, neue Lesarten scheinbar vertrauter zusammenhänge. So hebelt Christina Ass- mann zwangsläufiges auseinander. Indem sie Stücke und Materialien ohne Skrupel hinsichtlich ihrer
Verträglichkeit zusammenfügt, bilden sich neue Gegenstands-Moleküle mit freien Radikalen, die auf die Bindung an andere Materialien und Teile warten oder sensuelle und Deutungsenergien einfangen wie seltsame irdische Attraktoren. Virtuelle Wirklichkeit wird hier greifbar ohne die zwanghaften Einschränkungen und Regularientechnoider Apparate, die wir doch nur brav bedienen. Und man bemerkt, daß diese Wirklichkeit des Möglichen unterirdisch im Bekannten, in unserer vorgestellten Welt, in ·unserem Bewußtsein auf Freilegung wartet.
Die handelsüblichen Denk-, Seh-, Hör- und Tastfallen werden so mit einigen Charme umgangen. Die Objekte und Bilder von Christina Assmann werden zu Zusatzorganen, die uns Freude, Schmerz, Sanftheit etc.
mitteilen, für deren Wahrnehmung die körpereigenen Organe nicht ausreichen. Diese Empfindungen sind auch von Christina Assmann nicht vorformuliert , ihre Arbeiten sicherlich nicht expressionistisch. Es scheint vielmehr so zu sein, daß Mitteilungen durch ihre Arbeiten übertragen ("transmitted") werden.
Christina Assmanns nomadisierende, jagende und sammelnde Aufmerksamkeit, ihr schöner Ideenstrom führt Betrachter auf ihr eigenes verschüttetes
Wahrnehmungspotential zurück. Wer Kindern beim Spielen konzentriert zugeschaut hat, wie sie über Dinge verfügen, ohne sie zu entladen, einen Baum zum Schiffsmast, Scherben zu Schätzen machen, weil sie Schiffsmast, Schätze sind, weiß worum es geht.
Andreas Schön, 02. Juli 1994
Maler, lebt und arbeitet in Düsseldorf, Deutschland